Wie komme ich aus dem Mental Load raus?
Link Bild: Cammarata, P. (2020). Raus aus der Mental Load Falle. S. 19.
In unserem Fachbeiträgearchiv finden Sie einen Beitrag zu «Mental Load – Was ist das?». Der heutige Beitrag setzt sich damit auseinander, wie der Mental Load reduziert werden kann.
Die gute Nachricht: Die ersten Schritte können häufig schnell in Angriff genommen werden. Die Schlechte: Zur spührbaren, effektiven und nachhaltigen Reduzierung benötig es oft längere Zeit. Folgend finden Sie einige Inputs, welche helfen können den Mental Load Schritt für Schritt in den Griff zu bekommen:
Ins Gespräch gehen
Gehen Sie mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin in den Austausch. Ganz nach dem Motto «geteiltes Leid ist halbes Leid» kann es sehr entlastend wirken, wenn Sie sich mitteilen können. Zudem ist es für die Partnerschaftsqualität immens wichtig zu wissen wo das Gegenüber steht und wie es ihm / ihr geht.
Auch wenn in Ihrem Kopf alles «logisch» und doch klar ersichtlich scheint: Es könnte sein, dass Ihr Gegenüber NICHT sieht wie es Ihnen wirklich geht.
Reduzieren
Daran führt kein Weg vorbei. Was zu viel ist, ist zu viel. Schauen Sie mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin genau hin: Was von all dem, was Sie tun, ist wirklich wichtig? Was kann weggelassen werden? Wo können Ansprüche reduziert werden («Perfektionismus ade»)?
Und bei den Dingen, die Sie als wichtig einschätzen: Warum sind diese so wichtig? Und ist es dann immer noch wichtig, wenn Sie sich diese Frage gestellt haben?
Hier ist es zentral auch wirklich ganz ehrlich zu sich zu sein. Beziehen Sie Ihren Partner / Ihre Partnerin in diese Frage mit ein. Dies kann eine sehr wichtige Ressource sein und eine gute Aussenperspektive geben, was wirklich wichtig ist.
Wieviel Aufwand ist für ein Geburtstagsfest zum Beispiel wirklich nötig? Und für wen leisten Sie diesen Aufwand genau? Für sich, für jemand anderen? Was möchten Sie damit bezwecken? Und möchte das Gegenüber dies überhaupt?
Versuchen Sie nach dem Grundsatz «less is more» zu leben. Oftmals gewinnt man durch weniger Tun und Stress viel mehr Qualität – an den Dingen und in den Beziehungen.
Hier könnte es auch hilfreich sein mal eine «Not to do» Liste zu führen, um aus dem Funktionsmodus raus zu kommen.
Aufgaben aufteilen
Wichtige Aufgaben die weiterhin bestehen, können aufgeteilt werden. Gehen Sie ins Gespräch mit Ihrem Gegenüber. Machen Sie gemeinsam eine To-Do-Liste. Welche Aufgabe braucht wieviel Zeit? Wo liegen wessen Stärken? Wer würde was gerne machen? Wie können Sie die Aufgaben verteilen, dass es sich für beide gerecht anfühlt?
Als kleiner Tipp: Oftmals hilft es, dass ganze Aufgabenbereiche einer Person übergeben werden. So entstehen in der Regel weniger Missverständnisse wer was zu erledigen hat. Gleichzeitig verringern Sie den Mental Load nicht, wenn Sie eben doch wieder an (Teil-) Aufgaben denken müssen.
Also übernimmt beispielsweise einer die ganze Organisation des Geburtstagsfestes mit allem was dazu gehört und der andere kümmert sich dafür um etwas anderes.
Gehen Sie im gemeinsamen Gespräch sicher, dass beide nun wissen, was zukünftig ihre Aufgaben sind. Hierbei gibt es Aufgaben, die Sie vielleicht wöchentlich besprechen müssen. Andere Dinge können Sie in generelle Zuständigkeitsbereiche aufteilen.
Wenn es Ihnen sehr schwer fällt auf ihr Gegenüber zu vertrauen, können Sie zu Beginn auch eine gut sichtbare To Do Liste für beide aufhängen, auf welcher man erledigte Aufgaben abhacken kann. So wissen Sie, wo Ihr Gegenüber gerade steht.
Seien Sie mit Ihrem Partner nachsichtig, wenn er/sie gewisse Dinge nicht auf Anhieb kann. Gerade Aufgaben, die man noch nie gemacht hat, müssen zuerst gelernt werden. Dies bedeutet zu Beginn vielleicht ein Mehraufwand für beide. Für die Zukunft erspart es aber sehr viel Arbeit.
Unterstützung in Anspruch nehmen
Gibt es Aufgaben, die Sie beide nicht mehr machen wollen, können oder müssen? Wo können Sie Aufgaben delegieren oder Unterstützung von Aussen in Anspruch nehmen? Alles, was zur Entlastung dient, ist hilfreich.
Regelmässiger Austausch
Wichtig ist ebenfalls ein regelmässiger Austausch mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin. Dies dient einerseits dazu vergessen gegangene Aufgaben zu integrieren, aber auch immer wieder zu reflektieren, was gut gelaufen ist und wo es allenfalls nochmals einer Veränderung bedarf. Auch wenn es paradox klingt, aber nehmen Sie sich optimalerweise wöchentlich 15 bis 30 Minuten Zeit, um zu schauen wo sie stehen.
Bei sich selber hinschauen
Die Arbeit am Mental Load beginnt auch bei sich selber. Oftmals sind es gerade individuelle Überzeugungen, die uns blockieren aus dem Automatismus raus zu kommen. Hier gilt es Verantwortung für sich selber zu übernehmen: Welche Erwartungen habe ich an mich selber? Weshalb ist es so wichtig zu funktionieren und zu leisten? Warum fällt es mir so schwer Verantwortung abzugeben? Warum habe ich das Gefühl meine Bedürfnisse hinten anstellen zu müssen? Warum sind alle anderen Bedürfnisse wichtiger?
Nehmen Sie sich selber ernst und wichtig. Sorgen Sie auch für Ausgleich – planen Sie Positives ein: Was tut Ihnen gut? Was hilft Ihnen all dies zu regulieren?
Dies sind nur einige Punkte, um dem Mental Load entgegenzuwirken. Doch es wird deutlich: Es handelt sich um einen komplexen (Lern-) Prozess. Dieser benötigt Zeit, denn es geht darum neue Einsichten, Gedanken und ein neues Verhalten aufzubauen.
Sie sind nicht alleine mit dem Mental Load. Gehen Sie in den Austausch, holen Sie sich Unterstützung und Input. Je nach Lebensphase (z.B. mit kleinen Kindern) ist es sehr anspruchsvoll alle Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen. Seien Sie nicht zu streng mit sich und nehmen Sie sich wichtig. Denn es gibt Wege aus dieser Überlastungssituation raus zu finden. Vielleicht helfen Ihnen hierbei einige der oben erwähnten Tipps, um wieder an mehr Lebensqualität zu kommen.
Quellen:
Cammarata, P. (2020). Raus aus der Mental Load Falle. Beltz Verlag: Weinheim Basel.
Kaluza, G. Stressbewältigung. 2. Auflage. Springer-Verlag: Berlin.
Mangold, Jörg. (2019). Wir Eltern sind auch nur Menschen. Arbor: Freiburg.
Payne, Kim John. (2020). Simplicity Parenting. Weniger ist mehr. Was Kinder wirklich brauchen, um ausgeglichen, glücklich und rundum geborgen aufzuwachsen. Wilhelm Heyne Verlag: München
lic. phil. Nuša Sager-Sokolic