Repost: Stress ist nicht gleich Stress – Eustress vs. Distress

Stress ist in unserer Gesellschaft ein ständig präsentes Thema. Durch den zunehmenden Leistungs- und den damit verbundenen Zeitdruck leiden viele Menschen unter Stress und den daraus entstehenden Folgen. Die Auswirkungen von Stress auf Körper, Psyche und Verhalten sind sehr vielschichtig. Auf physiologischer Ebene macht sich die Überspannung mit Herz-Kreislauf-Störungen, Migräne, Diabetes, Magengeschwüren und anderen Beschwerden bemerkbar. Auf der psychologischen Ebene kann sich Stress in Form von Hilflosigkeit, Erschöpfung, Entwicklung psychischer Störungen wie zum Beispiel Depressionen oder Angststörungen auswirken. Hinzu kommt, dass Stress negative Folgen auf das soziale Umfeld sowie auf den Beruf haben kann.

Was ist Stress eigentlich und wie entsteht er?

Gemäss Dr. Guy Bodenmann (Stressforscher und Professor für Klinische Psychologie an der Universität Zürich) ist Stress nicht ein Ereignis als solches, welches Stress darstellt, sondern unsere subjektive Interpretation und Bewertung desselben. Das Gleichgewicht zwischen Anforderungen und Kompetenzen eines Individuums spielt dabei eine zentrale Rolle. Ist die Balance zwischen inneren und äusseren Anforderungen und den zur Verfügung stehenden Ressourcen ausgeglichen, empfinden wir keinen Stress. Wenn die Anforderungen jedoch schwerer wiegen als die Ressourcen, die wir dem Ereignis entgegenhalten können, stimmt die Balance nicht. Als natürliche Konsequenz unseres Körpers resultiert Stress. Stress ist ein höchst subjektives Empfinden. Es gilt kein allgemeingültiges Mass dafür, was als Stress gilt und was nicht.

Stress ist nicht gleich Stress – das richtige Mass ist entscheidend

Nicht jeder Stress macht krank. Im Gegenteil, wir brauchen positiven Stress. Dieser macht das Leben erst lebenswert. Hätten wir nie Stress, würden wir uns unterfordert fühlen. In der Forschung wird zwischen Eustress (eu: positiv, stimulierend) und Distress (dis: negativ, belastend) unterschieden. Gemäss Prof. Dr. Guy Bodenmann führt zu wenig Stress zu Langeweile, Lethargie und Unzufriedenheit. Ein stressfreies Leben würde keine Herausforderungen an uns richten – keine Schwierigkeiten, an denen wir wachsen können, keine neuen Bereiche, die man sich aneignet, und keine Gründe, unseren Verstand zu schärfen oder unsere Fähigkeiten zu verbessern. Bei zu viel Stress empfinden wir häufig Nervosität, Angst bis hin zu einem völligen Blackout. Problematisch sind dabei nicht akute Stresssituationen, sondern chronischer Stress, dessen Folgen gravierend sein können. Eine wichtige Rolle spielen gemäss Bodenmann Konstrukte (Denkmuster), die wir im Verlauf unserer Sozialisation erworben haben, unter anderem das Bindungskonstrukt, „Wenn ich anderen missfalle, mögen sie mich nicht mehr und schliessen mich aus“ oder das Kontrollkonstrukt „Ich muss alles im Griff haben“.

In vielen Fällen sind es jedoch auch überhöhte Leistungsanforderungen, die man an sich stellt („Ich bin nur dann etwas wert, wenn ich gute Leistung erbringe“) und das Streben nach Perfektion („Ich darf mir keinen Fehler leisten, ich muss besser sein als die anderen“), welche einen entscheidenden Einfluss auf unsere Gedanken, Emotionen und schlussendlich auf unser Verhalten nehmen.

So beugen Sie Stress vor

  1. Setzen Sie klare Prioritäten
  2. Nur eine Sache aufs Mal
  3. Bleiben Sie in Bewegung (Sport und andere regelmässige Aktivitäten sind ein unverzichtbarer Ausgleich. Zudem fördert Bewegung die Regeneration)
  4. Gesunde Ernährung
  5. Bewusst Pausen einlegen und das tun, was einem gut tut
  6. Hören Sie Musik
  7. Schlafen Sie genügend
  8. Das Unvermeidbare akzeptieren (Nicht über Dinge ärgern, die man nicht ändern kann)
  9. Lächeln Sie (Nicht zu ernst durchs Leben gehen. Es gilt als erwiesen, dass selbst ein bewusst aufgesetztes Lächeln schon nach wenigen Minuten auch nach innen wirkt und die Stimmung hebt.)

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Stress als solches ist nicht immer automatisch negativ. Das richtige Mass und die Haltung, die wir diesbezüglich einnehmen, ist entscheidend. Es lohnt sich, sich den häufig unbewusst ablaufenden Prozessen und dahinter stehenden Mustern bewusst zu werden und mit der Zeit verändern zu können. Es geht somit darum, schädlichen Distress in unschädlichen Eustress umfunktionieren zu können, um langfristig gesund und glücklich zu bleiben.

Literatur:

Medical Tribune public (4/2013). Alles eine Frage der Balance. S. 38-40.

Gehrig J. R. & Zimbardo P. G. (2008). Psychologie. 18. aktualisierte Auflage. Pearson.

Lia Frei, M. Sc. Psychologin