Partnerschaftsqualität und Paarkonflikte in Zeiten von Corona

Der folgende Blogartikel beruht auf dem in der Zeitschrift «Frankfurter Allgemeine» erschienenen Artikel «Wenn zwei sich streiten».
Der Artikel wurde von Kurt Hahlweg, Sabine Walper und Beate Ditzen verfasst und ist in der Sonderserie Coronavirus publiziert worden. Herausgegeben von Gerald Braunberger, Jürgen Kaube, Carsten Knop und Berthold Kohler.
In dieser Serie wurden weitere empfehlenswerte Artikel publiziert.

Durch Coronamassnahmen und allenfalls auferlegte Quarantänen verändert sich das Leben für Paare und Familien unweigerlich. Finanzielle Sorgen, Existenzängste, Gesundheitssorgen, das Leben auf engstem Raum mit veränderten Tagesroutinen fordern insbesondere Familien enorm stark. Neue Strukturen müssen aufgebaut, Kompromisse und rasche Lösungen gefunden werden. Dabei fehlt die Möglichkeit die Energiereserven wieder aufzuladen.

Die Nerven sind angespannt, wir sind gestresst. Nachweislich sinkt unter Stress die Kommunikationsfähigkeit, es gibt mehr Missverständnisse und Streit, was wiederum die Beziehungszufriedenheit und wichtige partnerschaftliche Werte wie Intimität, Zärtlichkeit und Sexualität beeinflusst. Es kann zu einer explosiven Mischung unterschiedlicher Emotionen kommen: Verzweiflung, Ängste, Traurigkeit, Wut und Überforderung.

Doch wieso verändert sich die Kommunikation?

Durch den Stress brodeln die Emotionen schneller hoch, man beginnt mehr zu schimpfen oder kritisieren, weil unser System evolutionsbiologisch darauf ausgelegt ist, negative Hinweisreize schneller wahrzunehmen. Aus «Nichtigkeiten werden Wichtigkeiten».
Zudem ist auch das Reden über Corona und den damit verbundenen Sorgen erschwert.
Tendenziell neigen Partner in Krisensituationen dazu sich zuerst einmal zurückzuziehen und sich aus dem Weg zu gehen – leider funktioniert das nicht, wenn man auf engstem Raum miteinander auskommen muss. Strategien, die einem sonst geholfen haben Anspannung zu regulieren, fallen vielleicht plötzlich weg. Im schlimmsten Fall führt die anhaltende Anspannung zu massiven Partnerkonflikten sowie aggressivem Verhalten oder auch zu körperlicher Gewalt innerhalb der Partnerschaft.

Doch auch ohne direkte Gewalt, können mit der Zeit körperliche Symptome auftreten: «Verspannungen, Rückenschmerzen, Müdigkeit oder Erschöpfung (…), erhöhter Herzschlag und Blutdruck». In Studien konnte nachgewiesen werden, dass anhaltende Paarkonflikte den Hormonhaushalt verändern, das Immunsystem schwächen und psychische Störungen begünstigen.
Obwohl die aktuelle Lebenssituation auch eine Chance für eine Partnerschaft sein kann, zeigen Daten des Beziehungs- und Familienpanels vom Frühjahr 2020, dass sich für die meisten Ihre Partnerschaft verschlechtert hat und dies gleichermassen für Männer und Frauen. Ursache hierfür waren zum damaligen Zeitpunkt weder arbeitsbedingte Faktoren wie Kurzarbeit und Homeoffice noch die Fürsorge für die Kinder.
Zudem unterscheiden sich Menschen auch sehr im Umgang mit Krisensituationen. Wie wird die aktuelle Situation bewältigt? Will man darüber reden oder es lieber mit sich ausmachen? Wie wird mit dem Risiko in der eigenen Familie umgegangen? Ist es noch in Ordnung die Eltern zu treffen? Wie sehr soll wer geschützt werden? Unterschiedliche Meinungen und Bewältigungsstrategien können hier zu Konflikten führen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die entstandene Doppelbelastung.
Wie werden die Vereinbarkeit respektive Unvereinbarkeit von Homeoffice und Kinder im Homeschooling oder in der Betreuung zu Hause organisiert?
Entgegen den Annahmen hat es bis zum heutigen Zeitpunkt keinen Traditionalisierungseffekt gegeben. Dies bedeutet, dass durch die neue notwendige Aufgabenverteilung zu Hause sich nicht automatisch die Mutter vermehrt um die Kinder gekümmert hat.
Doch auch die Kinder können unter Paarkonflikten sehr leiden. In früheren Studien konnte bereits nachgewiesen werden, dass chronische Paarkonflikte bei Kindern zu erheblichen psychischen und physischen Folgen führen können.
So sind auch Kinder durch die Coronasituation vermehrt belastet. Einem chronischen Paarkonflikt der Eltern ausgesetzt zu sein kann Angst machen, Schuldgefühle schüren und schwierig zum Aushalten sein.

Aufgrund all dieser Gründe ist es wichtig, dass Paare sich frühzeitig Hilfe und Unterstützung suchen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPS) hat eine Homepage mit unterschiedlichen Themen für Paare entwickelt. Weitere Informationen finden sie unter diesem Link. Einen Input für Familien finden Sie unter anderem hier.

Quelle:

Hahlweg, Kurt, Walper, Sabine & Ditzen, Beate. (2021). Wenn zwei sich Streiten. Frankfurter Allgemeine. 02.01.2021.

Den vollständigen Artikel finden Sie hier.

Zusammenfassung verfasst von lic. phil. Nusa Sager-Sokolic