COVID-19-Pandemie: Psychosoziale Folgen und Long-COVID-Syndrom

In den Medien, im beruflichen und privaten Umfeld wird ein Anstieg an psychosozialen Belastungen deutlich. Psychotherapeutische Praxen und psychiatrische Kliniken arbeiten seit Beginn der Pandemie an der Kapazitätsgrenze – viele Kliniken haben sich auf die Behandlung von Long-COVID-Syndromen spezialisiert. Was sind mögliche Mechanismen hinter der psychosozialen Belastungsreaktion auf COVID-19?

Die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf das psychische Wohlbefinden können auf verschiedene indirekte und direkte Mechanismen zurückgeführt werden:

  • Die Pandemie ist mit Ängsten um die eigene Gesundheit verbunden, und meistens auch mit Ängsten und Sorgen um andere Personen im näheren sozialen Umfeld.
  • Die Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie (u.A. Distanzierung) führen bei vielen Personen zu Einsamkeit und sozialer Isolation.
  • Viele Personen litten unter den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und entwickelten Existenzängste bis hin zu akuter Existenzbedrohung.
  • Die Infektion selbst kann zu direkten neurologischen und indirekten psychischen Veränderungen führen. Wenn diese länger als 12 Wochen nach Infektionsbeginn bestehen bleiben, werden sie als „Long-COVID-Syndrom“ bezeichnet.

Folgende psychische Symptome treten bei einem Long-COVID-Syndrom häufig auf:

  • Kognitive Symptome: Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
  • Fatigue-Symptomatik: Anhaltende Schläfrigkeit, Erschöpfung, Schlaflosigkeit
  • Post-traumatische Belastungssymptomatik: Aufgrund der intensivmedizinischen Behandlung, der Isolation und der lebensbedrohlichen Situation.
  • Depressive und Angst-Symptomatik: Als sekundäre Reaktion auf die oben genannten Mechanismen.

In bisherigen Studien wurden keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Schwere der COVID-Symptomatik und Entwicklung/Ausprägung eines Long-COVID-Syndroms gefunden. Daher wird davon ausgegangen, dass somatisch und psychisch vorbelastete Personen eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, nach einer COVID-19 Infektion ein Long-COVID-Syndrom zu entwickeln. Allerdings muss beachtet werden, dass die aktuelle Studienlage noch keine definitiven Schlüsse über Langzeitverläufe zulassen.

Quellen:

Dressing A. et al. (2021). Neuropsychiatrische Folgen der COVID-19-Pandemie. Fortschr Neurol Psychiatr 89: 296-301.

Orru G. et al. (2021). Long-COVID Syndrome ? A Study on the Persistence of Neurological, Psychological and Physiological Symptoms. Healthcare 9: 575.

Sykes DL et al. (2021). Post-COVID-19 Symptom Burden : What is Long-COVID and how should we manage it? Lung 199: 113-119.

Lic. phil. Misa Yamanaka-Altenstein