Carefrontation

Wir Menschen sind soziale Wesen und konnten evolutionstheoretisch nur im Verbund überleben. Es verwundert daher kaum, dass die Qualität der Beziehungen eine wichtige Schlüsselrolle für unsere psychische und körperliche Gesundheit spielt. Auch in der Psychotherapieforschung gilt eine gute therapeutische Beziehung als einer der am besten gesicherten Befunde für eine erfolgreiche Therapie. Dadurch werden Netzwerke im Hirn aktiviert, die es uns erleichtern zu lernen sowie offen zu sein für Neues und auch für das Gegenüber.

Solange wir in authentischen Beziehungen mit verschiedenen Menschen leben, wird es kaum vermeidbar sein auch konflikthafte Themen oder unangenehme Gefühle zu kommunizieren. Manchmal wird zwischen verschiedenen Konflikt-Typen unterschieden:

  • der Runterschlucker
  • der Explodierer
  • der Kombinierer (zuerst lange runterschlucken, dann explodieren)

Und dann gibt es noch einen vierten Typ, zu dem jede Person mit etwas Übung werden kann:

  • der empathische Kommunikator (der mit Gefühlen so umgeht, dass weder bei sich noch bei anderen Schaden entsteht)

Viele Menschen scheuen Konflikte, weil sie selten eine angenehme Erfahrung damit gemacht haben. Es ist aber gar nicht nötig eine (feindselige) Konfrontation zu suchen, es geht auch mit einer empathischen „Carefrontation“. Daher ist es hilfreich sich zuerst weise zu überlegen, wie man seine Gefühle und Bedürfnisse äussern könnte, um sowohl eine möglichst wenig belastende Situation zu erleben als auch möglichst erfolgreich damit zu sein. Wie der andere reagiert ist dann zwar immer noch ausserhalb unserer Kontrolle, aber wir können unsere 50% der Verantwortung in einem Konflikt wahrnehmen, um das Gespräch in eine positive Richtung zu lenken.

Nachfolgend ist eine sehr simple, erfolgreiche Strategie, einen Konflikt empathisch anzusprechen. Benutzen Sie die folgenden drei Satzanfänge, wobei Sie den Inhalt in den Klammern beliebig mit Ihrem Inhalt füllen können:

  1. Wenn du… (ein Verhalten ansprechen, z.B. dich zurückziehst, mich anschreist, Alkohol trinkst)
  2. Dann fühle ich mich… (z.B. verunsichert, hilflos, vermisse dich)
  3. Wärst du bereit zu… (z.B. mit mir offen zu kommunizieren, einen Kompromiss zu finden)

Dies kann bei allen Formen von Beziehungen angewendet werden: für Paare, Familien, Freunde, Kollegen. Punkt drei ist besonders hilfreich, wenn er als Frage formuliert ist, so dass die Motivation und die Autonomie des Gesprächspartners respektiert wird.

Falls Sie mehr zu empathischer, gewaltfreier Kommunikation lesen möchten, empfiehlt sich folgendes Buch:

Literatur:

Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation. 11. überarb. und erw. Auflage. Junfermann, Paderborn 2013, ISBN 978-3-87387-454-1.

Lic. phil. Andrea Bender